A Summer's Tale – Ein Festival mit Kind
Wir lieben Musik. Unser CD-Regal ist in den letzten Monaten um einige cm gewachsen und mehrmals im Jahr sind wir auf Konzerte. Naja, vielmehr waren wir auf Konzerten. Seit unsere Tochter auf der Welt ist, müssen wir anders planen. Ein Festival mit Kind wäre perfekt. Wie wäre es also mit dem A Summer’s Tale?
Ein Festival in der Lüneburger Heide
Im August 2016 haben wir uns auf den Weg in die Lündeburger Heide gemacht, um ein tolles Festival kennenzulernen. Das Aftermovie von 2015 versprach ein alternatives Familienfestival mit Sonne, Spaß, Bühnenprogrammen, Mitmachaktionen, Vorträgen, Poetry Slams und noch so vieles mehr. Vor allem Kanufahren hat mich interessiert. Daneben gab es auch noch eine Nachtwanderung durch die Heidelandschaft oder geführte Fahrradtouren. Wir haben das 4 Tage Deluxe Festival Ticket mit VIP Camping gebucht. Kostenpunkt: 450 EUR. Uff, das ist ’ne Ansage. Wie sich jedoch herausstellte, war sollte es die richtige Entscheidung gewesen sein.
Musikgenuss
Das Festival hatte musikalisch einiges zu bieten. Vor allem auf Sigur Rós und Noel Gallagher’s High Flying Birds haben wir uns gefreut. Aber auch Parov Stelar, Garbage, Amy Macdonald und Glen Hansard standen auf der „must see“ Liste ganz weit oben. Doch das alles ist nichts gegen José González! Ganz ehrlich, das war so ein tolles, stimmiges Konzert auf der Hauptbühne. Wir saßen in den hinteren Reihen auf dem Rasen und haben auf der Picknickdecke den Klängen gelauscht. Es war so entspannt und herzlich, die Musik ging ganz tief und berührte die Seele. Bei Thees Uhlmann & Band sowie Olli Schulz war dann mehr Action, was eine tolle Mischung darstellte. Meine Frau kannte Olli Schulz noch aus der Zeit, als er mit „Olli Schulz und der Hund Marie“ tourte. Thees Uhlmann kannte ich noch aus meiner Hamburger Zeit. Richtig tolle Stimmung und tolle Konzerte. Nada Surf und Heather Nova haben wir nur am Rande mitbekommen, doch die Stimmung war ebenfalls großartig.
Eine weitere Überraschung waren die Pierce Brothers, die uns sehr an Mumford & Sons erinnert haben. Ein tolles Highlight auf einer der Nebenbühnen. Die werden wir im Auge und im Ohr behalten!
Rahmenprogramm
Ein buntes und vielfältiges Rahmenprogramm hat das Festival untermalt. Da sind zum Beispiel die vielen Workshops zu nennen, die es auf den kleinen Bühnen etwas abseits auf dem Festibalgelände gibt. Es gab auch Sessions, die man vorher buchen musste. Yoga zum Beispiel. Mir hat vor allem der Capoeira Workshop gefallen.
Wenn man die Augen und vor allem die Ohren offen hält, dann findet man auf dem Festivalgelände kleinere und größere Schätze. Der Hamburger Kneipenchor hat warme Sonnenstrahlen durch den regnerischen Tag gebracht und zumindest unsere Herzen mit musikalischen Darbietungen herhellt.
Erstaunlich viele Kinder waren auf dem Festivalgelände zu sehen. Kein Wunder also, dass das Spieleparadies sehr gut besucht war. Hier gab es Klötze, Seile, Leitern, Schaukeln, Hängematten, Clown Show und so viel mehr. In einem Zirkuszelt waren noch mehr Spielgeräte aufgebaut, mit denen die Kidz sich bei schlechtem Wetter beschäftigen konnten. Und schlechtes Wetter gab es reichlich. Es liefen, soweit ich das beurteilen kann, auch Animateure oder Kinderbetreuer herum. Und es gab ein Zelt in dem Theater gespielt wurde, richtig stark!
Eingerahmt wurden die verschiedenen Shows, Lesungen, Diavorträge und Theaterstücke von Foot-Trucks, die überall auf dem Gelände standen. Es gab hauptsächlich Bio-Produkte aus der Region und viel vegetarische und vegane Küche. Lecker lecker lecker.
Ein Festival für Hipster(-Eltern)
Das A Summer’s Tale will ein Gegenkonzept zu den großen Festivals sein und füllt eine Niesche. Vor allem junge Familien und jung gebliebene Menschen haben wir getroffen. Als Anfang Dreißigjährige sind wir genau diese Zielgruppe. Jung, dynamisch, im Leben, mit Kind und vor allem alternativ. Wir haben uns im übrigen einen Spaß gemacht und verschiedene Merkmale überprüft, die zu der Zielgruppe passen. Wer eine Person mit den meisten der folgenden Merkmalen trifft oder sieht, hat das Spiel gewonnen:
- Hut
- Schal
- Naketano Pulli
- Jutebeutel oder Stoffrucksack
- Hornbrille
- Club-Mate
- Chino-Hose oder Röhrenjeans
- Bart
Ergebnis: Unentschieden. Es waren einfach zu viele!
Lautstärke und Wetter
Den Bedürfnissen der Kleinen gerecht zu werden ist auf so einem Festival echt schwer bis unmöglich. Als bedürfnisorientierte Eltern müssen wir uns in erster Linie nach unserem Baby orientieren. Essens- und Schlafzeiten sind einzuhalten, bzw. dann zu nehmen, wenn sie eingefordert werden. Bei lauter Musik ist das gar nicht so einfach. Bei dem regnerischen Wetter und der Kälte ebenfalls nicht. Um Milchstau und Brustentzündungen zu vermeiden, sollte es warm sein. Stillen ist bei den Verhältnissen eine Herausforderung! Es war so kalt, dass die Veranstalter kurzerhand Feuerkörbe aufstellten und Klühwein ins Angebot nahmen. Gleichzeitg hätten wir einen Chariot/Croozer oder einen Kinderwagen mitnehmen sollen, um über den Tag etwas Entlastung für den Rücken zu haben.
Als frisch gebackene Eltern war das Festival eine Herausforderung. Wir würden jetzt einiges anders machen und das Festival erst besuchen, wenn die Kleine laufen kann. Das ideale Alter schätze ich mal mit 3-4 Jahren. Auf jeden Fall sollte man Ohrenschützer für die Kinder mitnehmen. Wir hatten welche von 3M, bei denen der Andruck auf die Ohren eingestellt werden konnte. Speziell bei Babys darf der nicht zu stark sein, damit die Fontanelle nicht beeinträchtigt wird. Wir haben uns daher immer bei den Konzerten nach ganz hinten gestellt und darauf geachtet, dass uns der Druck aus den Lautsprechern nicht direkt trifft. Hat gut geklappt.
Schlafen auf einem Festival
Unsere Tochter war erst 5 Monate alt und die Herausforderung bestand im abendlichen Einschlafen. Es war ihr einfach zu laut. Gleichzeitig war unser Timing nicht ideal. Wir haben das Ritual zu lange hinausgezögert und den langen Fußweg vom Gelände zum Campingplatz unterschätzt. Ergo konnten wir die Headliner ab 20 Uhr nur aus der Ferne anhören und auch bei keinem Workshop mitmachen. Wir haben auch im Bus unser Familienbett, sodass es schwierig bis unmöglich war, dass einer von uns auf dem Gelände ist während der andere beim Baby bleibt. Beim nächsten Mal nehmen wir einen Babysitter mit… naja, oder besuchen die Festivals erst wieder, sobald die Kinder größer sind.
Für wen ist das Festival geeignet?
Man kann also sagen, dass Festival ist vor allem etwas für Hipster-Eltern mit Kindern ab 3 Jahren gedacht. Das hat Thees Uhlmann auch während seines Konzertes gesagt und Lacher geerntet. Ja, so ist das. Es hat Spaß gemacht, obwohl das Wetter richtig fies war. Norddeutsches Schietwetter eben. Wie gut, dass wir unser Vorzelt dabei hatten und somit unseren Wohnbereich erweitern konnten. Es hat ekelig lange und viel geregnet. Im Grunde hat es das ganze Festival über geregnet. So konnten wir uns im Bus aufwärmen und unsere Kleine auch mal im Vorzelt spielen lassen. Sommerliche Temperaturen hätten uns und dem Event gut getan.
Noch ein Wort zum Camping und den Sanitäranlagen. Toiletten gab es auf dem Festivalgelände im Bereich der Pferdesportanlage (normale WCs) sowie Komposttoiletten auf dem restlichen Festivalgelände. Im Bereich des Campings, jedenfalls in unserem Bereich, gab es Duschen und normale Toiletten. In den anderen Bereichen Dixis oder Komposttoiletten.
Früher waren wir cool
Ich kann euch das Festival ans Herz legen. Für alternativ denkende Menschen mit Kind ist es ein tolles Festival. Einweg-Plastikflaschen sind übrigens verboten auf dem Gelände, also lieber Glasflaschen (Soul Bottles) oder Mehrwegflaschen mitnehmen. Wir werden 2017 noch nicht wiederkommen, denn unsere Kleine soll erst älter werden. Musik werden wir dennoch hören und sehen. Vielleicht tritt ja eine tolle Kapelle auf dem nächsten Stadtteilfest auf? Und in ein paar Jahren sehen wir uns dann alle auf dem A Summer’s Tale wieder. Ich hätt‘ Bock drauf, aber nur bei gutem Wetter!
Oje, da fällt mir nur noch ein: Früher waren wir cool, heute sind wir Spießer! In diesem Sinne.
Das A Summer’s Tale 2017 findet vom 2.-5. August in Luhmülen statt. Infos gibt’s hier.
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