Ein Modell mit vier Vatertypen

In den letzten Wochen habe ich mich intensiv mit dem Thema »Mental Load« und Vatermodelle beschäftigt. Nicht nur im Netz bin ich auf interessante Post und Blogger*innen gestoßen, auch ein paar Bücher stapeln sich zu Hause zu dem Thema. Zeit also, dass ich mich mit diesem Thema aus Vatersicht beschäftige, denn die Diskussion ist vor allem eins; sie ist weiblich geprägt. 

Nichts desto trotz sind alle Argumente richtig, die sich für eine faire Aufteilung von Mental Load aussprechen. Und damit meine ich vor allem die unsichtbare Belastung! In diesem Beitrag soll es aber erst einmal um die Vatermodelle gehen. Wie gestalten Männer ihre Rolle als Vater und lässt sich das schematisch einordnen? Natürlich ist die Welt viel komplexer, als ein einfaches 4-Quadrat-Schema von Vaterrolle. Doch Vereinfachung führt zu Verständlichkeit und kann Ausgangspunkt von weiteren Überlegungen sein.

Ein Sicherheitshinweis vorab: Das, was ich beschreibe, soll keine Bewertung von gut oder schlecht sein. Vielmehr will ich zeigen, in welchem Spannungsfeld sich Väter befinden und bewegen müssen. Auch soll es keine Entschuldigung sein für das Verhalten der Väter. Aber vielleicht wirst du dich oder deinen Partner in diesem Modell wiederfinden. Vielleicht wirst du dich ärgern und persönlich angegriffen fühlen. Dann freue ich mich sehr auf deine Meinung und kritischen Anmerkungen, so lange sie wertschätzend formuliert sind. Steigen wir aber mal ein, genug der Vorrede.

Vaterrolle – Eine Annäherung

Vor meiner Elternzeit habe ich als Sozialarbeiter im Krankenhaus gearbeitet. Dort war ich zuständig für die onkologische Station und betreute u.a. Krebspatienten am Beginn ihrer Therapie. Es gibt aber auch Patienten, die am Ende ihrer Therapie und somit auch am Ende ihres Lebens angekommen sind. In diesem palliativen Setting sprechen die männlichen Patienten oft von ihren verpassten Chancen im Leben, Orte an denen sie gerne gewesen wären oder Feste, die sie gerne gefeiert hätten. Dann sagen sie zum Beispiel, dass sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht hätten. Stattdessen sind sie jetzt alleine und haben ein zerrüttetes Verhältnis zu ihren Kindern.

Es sind Erlebnisse wie diese, die mir im beruflichen Alltag begegnen und die mich nachdenklich machen. Ein Blick in den Väterreport 2018 bestätigt die Aussagen der Männer. Der Report sagt, dass sich zwar 60% der Väter mindestens zur Hälfte an der Kinderbetreuung beteiligen wollen, letztendlich gelingt es aber nur 26%. Immerhin hat jeder vierte Vater nach der Elternzeit seine Arbeitszeit verkürzt. Es ist also Licht am Ende des langen, dunklen Tunnels. Trotzdem arbeiten immer noch 85% der Väter in Paarfamilien mit Kindern unter 18 Jahren in Vollzeit. Nur in 5% arbeitet der Vater Teilzeit oder gar nicht.

Das Modell

Vaterschaft bewegt sich immer im Spannungsfeld von Familie & Beruf. Die Frage ist doch, wie wollen wir Leben und arbeiten? Was macht uns glücklich? Tun wir wirklich alles, um glücklich zu sein oder erfüllen wir nur gesellschaftliche Erwartungen? Inwiefern Arbeiten wir um zu leben oder leben wir um zu arbeiten? Das französische Sprichwort passt, wie ich finde, perfekt zur Herausforderung der Vereinbarkeit von Familie & Beruf. Du merkst, worum es mir geht. Also, lass uns mal einsteigen in das Modell.

Im Folgenden beschreibe ich die beiden Achsen Familie und Beruf. Anschließend werden die 4 Felder mit den Vatertypen beschrieben.

Spannungsfeld Familie & Beruf

Familie

Der Wert der eigenen Familie wird u.a. daran bestimmt, wie viel Qualitätszeit ich mit ihr verbringe. Wie sichtbar und ansprechbar bin ich für meine Frau und meine Kinder, wie aktiv bringe ich mich in das Familienleben ein? Wie emotional wichtig die eigene Familie ist, lässt sich am einfachsten an der Zeit ablesen, die ich mit ihr verbringe. Auf eine Woche, einen Monat oder ein Jahr gesehen, Schlaf nicht mit einbezogen: wie viel Zeit habe ich im Vergleich zum Beruf mit meiner Familie verbracht?

Beruf

Der Beruf und die Arbeit stehen im direkten Gegensatz zur Familie. Du entscheidest, wie wichtig dir deine Karriere und das berufliche Weiterkommen ist. Wie engagiert und arbeitsam bist du? Machst du viele Überstunden und nimmst Arbeit mit nach Hause? Wie wichtig ist dir dein beruflicher Status, die Reputation und dein Erscheinen nach außen? Sprichst du gerne mit anderen über deine Arbeit oder kannst du den Job auf der Arbeit lassen?

Vatertypen

Ruhiger Vater

Die Familie ist dem ruhigen Vater sehr wichtig und entsprechend hoch ist sein Engagement im Alltag. Er beteiligt sich am Mental Load und den alltäglichen Dingen, egal ob beim Kinderarzt, zu Hause oder in der Schule. Er ist präsent und stets ansprechbar. Seine berufliche Position ist dem ruhigen Vater nicht wichtig. Lieber verzichtet er auf Geld und Ansehen und überlässt anderen die Sprossen auf der Karriereleiter. Im Unterschied zum Aktiven Vater ist ihm berufliche Reputation nicht wichtig, entsprechend ruhig und gelassen wirkt der Vater auf sein Umfeld. Dieser Vatertyp lässt bei »Mensch ärgere dich nicht« immer die Kinder gewinnen.M

Passiver Vater

Weder in der Familie noch im Beruf hegt der passive Vater Ambitionen, sich einzubringen. Den Haushalt überlässt er anderen genau so wie die Betreuung seiner Kinder. Es fällt ihm schwer sich zu motivieren, Qualitätszeit mit seinen Kindern zu verbringen. Ebenso fehlt dem passive Vater das Engagement im Beruf. Ihm ist das berufliche Weiterkommen nicht wichtig, sodass er lieber einen festen Job hat, der sein Einkommen sichert als die Karriereleiter empor zu klettern. Dieser Vater spielt nicht mit seinen Kindern »Mensch ärgere dich nicht.«N

Aktiver Vater

Unter den vier Vätertypen ist der aktive Vater sowohl in der Familie als auch im Beruf ein Performer. Er ist stets für seine Kinder und Partnerin ansprechbar und gestaltet sein Familienleben aktiv mit. Im Haushalt und Alltag übernimmt er Aufgaben und verschiebt berufliche Termine, um Zeit mit seinen Kindern zu verbringen. Beruflich startet der aktive Vater ebenso erfolgreich durch, wie in der Familie. Ihm ist berufliches Vorankommen sehr wichtig, gleichwohl er die Balance zwischen Familie & Beruf sehr gut managet. Trotzdem trennt er familiäre und berufliche Verpflichtungen klar voneinander und schafft es, zu Hause abzuschalten. Dieser Vatertyp geht mit seinen Kindern lieber nach draußen zum Auspowern, als drinnen »Mensch ärgere dich nicht« zu spielen. q

Stressiger Vater

Unter den vier Väter schafft es der stressige Vater am wenigsten, Familie & Beruf Kind und Familien ausgeglichen zu vereinbaren. Seine Familie ist dem stressigen Vater weniger wichtig, sodass es schwierig wird, eine Beziehung zu seinen Kindern aufzubauen. Der stressige Vater ist in der Familie nicht präsent, nicht ansprechbar und beteiligt sich nicht. Der Mental Load liegt komplett bei der Frau. Die Bindung zu den Kindern ist eher unsicher-vermeidend, weil der Vater nicht weiß, wo er seine Kinder mental emotional abholen soll. Im Beruf ist der gestresste Vater voll angekommen. Er nimmt die Arbeit mit nach Hause, grübelt nachts im Bett über die anstehenden Projekte und steht morgens gestresst auf. Zwar bringt der Vater die Kinder in die Kita oder zur Schule, aber meldet sich dann aus dem Familienleben ab. Die ganze Last der Eltern-Kind-Beziehung liegt bei der Frau. Die Karriere des Vaters ist wichtiger. Seit der Geburt der Kinder arbeitet er auch mehr, also vorher. Dieser Vatertyp will um jeden Preis beim »Mensch ärgere dich nicht« gewinnen.

Darstellung 4-Quadrat-Modell

Kleine Diskussion

Ja, das Modell beschreibt nur einen vereinfachten Blick auf Vaterschaft und Vatermodelle. Zudem greift es nicht den Kern der ganzen Mental Load Problematik auf, sondern beschreibt allenfalls die Probleme auf einer oberflächlichen Ebene, quasi die Spitze des Eisberges. Es werden, äquivalent zum Krankheitsbild auf der onkologischen Station, nur die Symptome beschrieben und behandelt. In der Medizin bedeutet dies »Best Supportive Care«, also den Erhalt einer möglichst guten Lebensqualität. Eine kurative Behandlung wäre die Bekämpfung der Ursache einer Krankheit.

Die ganze Diskussion um Mental Load, Vaterrolle und Vatermodelle muss sich meiner Meinung nach auf die Meta-Ebene verschieben. Es muss um die Ursachen gehen und nicht um die Symptome. Bedeutet nach meinem Verständnis; wir können noch so viele Yoga-Kurse, Coachings und Zeitmanagement-Seminare besuchen, es muss sich gesellschaftlich etwas ändern. Und mit »etwas ändern« meine ich vor allem die Beteiligung der Männer am Krankheitsverlauf. Doch dazu demnächst mehr.

Jetzt möchte ich aber mal von dir wissen: Wie denkst du darüber? Hast du andere Ideen oder gehst du mit diesem Modell mit? Ich freue mich über Feedback!

Übrigens: Drüben auf ElternLeben findest du einen tollen Test, wie du herausfinden kannst, welcher Vater-Typ du bist! Mein Modell hat sich übrigens ganz unabhängig von diesem Test entwickelt und ist eine Adaption des Job-Demand-Control-Modell von Karasek.

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