La Le Lu oder: Das neue Teilzeitmodell

Leise und mit tiefem Brummen singe ich das bekannte Lied: „La le lu, nur der Mann im Mond schaut zu…“ Ihre Atmung wird immer langsamer, der Körper verliert seine Spannung und der Kopf wird schwerer und schmiegt sich an meine Schulter. Wahrscheinlich sind ihre Augen mittlerweile geschlossen.

Ich stehe mit dem Rücken zum Fenster, durch die kleinen Schlitze in den Rolladen dringen vereinzelte Sonnenstrahlen in das verdunkelte Zimmer und sorgen für etwas Licht. Es ist 12:30 Uhr Uhr und ich komme gerade von der Arbeit. Meine Arbeit, das ist seit ein paar Tagen auch eine Tätigkeit als Sozialarbeiter im nahe gelegenen Krankenhaus. Vormittags verlasse ich um 7:30 Uhr die Wohnung und meine Frau übernimmt die Vormittagsschicht. Wir beide arbeiten in Teilzeit, damit wir die Betreuung unserer Tochter gewährleisten können.

Alles auf Anfang

15 Minuten stehe ich hier und schaukle nun schon von rechts nach links. Hin und wieder wechsle ich das Tempo des Liedes von langsam auf sehr langsam. Das sonore Brummen zieht sich immer länger, sodass die Kleine in ihre Tiefschlafphase zu gelangen scheint. Mein Ziel, sie vorsichtig in das Bett abzulegen, rückt immer näher. Mit vorsichtigen Schritten und nicht aufhörenden Schunkeln nähere ich mich dem Bett. Vorsichtig lege ich sie auf die Matratze, stürze mich mit dem Knie ab und lege mich gleichzeitig neben sie. Eine Hand lege ich auf ihren Bauch und streichle sie, während ich weiter brumme. Der Text lässt sich nur noch erahnen, geübte Protagonisten der Einschlagzeremonie wissen aber, dass es sich um La le lu handelt. Plötzlich reißt sie ihre kleinen Augen auf und strampelt voller Freude mit den Beinen. Zu früh gefreut, die Kleine ist wieder hellwach und möchte spielen.

An der Decke sind Sonne, Mond und Sterne zu sehen, auf die sie aufgeregt zeigt: Da! Da! Das neue Lieblingsspiel unserer Kleinen. Also ein neuer Versuch… Wieder nehme ich sie auf meinen Arm, steige langsam aus dem Bett und begebe mich zum Fenster. Nun sind die Sonnenstrahlen zwischen den kleinen Schlitzen in der Jalousie am interessantesten. Da! Da! Ich drehe mich mit dem Rücken zum Fenster und beginne langsam und laut wieder das bekannte Lied zu singen. Nach gefühlten 15 Minuten wechsel ich die Geschwindigkeit von langsam auf sehr langsam, der Text lässt sich wieder nur erahnen und das gleichmäßige Schaukeln durchdringt den Körper der Kleinen.

Sie liegt angeschmiegt an meine Schulter, hat die Beine angezogen und die Hände klammern sich um meinen Oberkörper. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, was jetzt passiert. Genau, weitere drei Mal versuche ich sie auf diese Weise in den Schlaf zu bekommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich es endlich geschafft! Sie schläft in unserem Familienbett und liegt in der Mitte. Ich drapiere die Decken um sie herum, sodass sie bei einer Drehung nicht direkt aus dem Bett fällt sondern eine Begrenzung hat. Wir mussten das Bett vor einigen Wochen abbauen und die Matratze direkt auf den Boden legen. Die zwei Male, die sie seitdem herausgeplumpst ist, waren zum Glück nicht so schlimm. Das Babyphon lege ich ins Bett und schleiche mich leise aus dem Zimmer. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass nicht einmal 20 Minuten vergangen sind!

Das neue Teilzeitmodell

Wahnsinn, mein Zeitgefühl ist dahin. Ich hätte schwören können, dass ich fast eine Stunde bei ihr war. Das Ende der 6-monatigen Elternzeit ist gerade einmal eine Woche her, und ich habe das Gefühl, eine pure Entschleunigung zu erfahren. Die kurze Zeit, In der ich die Kleine ins Bett gebracht habe, fühlt sich wie eine tiefe Verbundenheit an. Diese kleinen Momente stärken das Band zwischen mir und meiner Tochter. Ich nehme so viel Liebe mit aus dieser kurzen Sequenz des Alltages mit und freue mich, diese Erfahrung jeben Tag machen zu dürfen! Die Teilzeit ermöglicht es mir, sowohl meine berufliche Karriere zu verfolgen, als auch die Familie im Fokus zu behalten. Und selbst an den Tagen, an denen meine Frau (ebenfalls in Teilzeit) und ich auf der Arbeit sind, stehen Oma und Opa bereit, um die Betreuung zu übernehmen! Ich bin meiner Familie so unendlich dankbar, diese Möglichkeit zu haben.

Nun schläft die Kleine für circa anderthalb Stunden. Zeit genug also, um den Nachmittag zu planen. Dann geht es raus nach draußen, vielleicht treffen wir uns mit Freunden, oder machen eine Fahrradtour zum nahe gelegenen Zoo. Ich kann jeder Familie dieses Modell nur empfehlen! Liebe Männer, reduziert eure Stunden auf der Arbeit und investiert in die Beziehung zu euren Kindern! Das ist eine Zeit, die nicht wiederkommt! Vorausgesetzt natürlich, das teure Partnerin mitmacht und die Arbeit dieses Modell zulässt!

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Seit Juli ist meine Frau zurück im Job und ich bin als Hausmann bei den beiden Kindern. Wir haben die Rollen getauscht, denn zuvor war meine Frau anderthalb Jahre zu Hause und ich im Teilzeitjob. Dass wir in unseren neuen Rollen angekommen sind, merken wir vor allem an unserer Kommunikation. Mir sind Dinge viel wichtiger geworden, die zuvor meiner Frau wichtiger waren. Gleichzeitig haben wir ein tieferes Verständnis für den jeweils anderen.

Responses

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  1. Exakt, genau das. Arbeiten wird zu einem Teil des Lebens, genauso wie Wäsche waschen, Spielplatz oder schlafen bringen – nicht der bestimmende Teil. Und gleich geht es einem viel, viel besser. So ist es jedenfalls bei mir.
    Herzlichen Glückwunsch, das ihr dieses Teilzeitkonzept leben könnt und ich bin mir sicher, dass ihr auch in Zukunft daran eure Freude haben werdet.

    1. Danke Christopher,
      das sehe ich genau so! In dem Zusammenhang fällt mir der Begriff „Work-Life-Balance“ ein, der absolut irreführend ist. Denn „Work“ ist Teil von „Life“ und steht dem nicht als Gegenspieler gegenüber. Ich bin mir sicher, dass wir es absolut richtig machen! Allen die Aussicht auf die schmale Rente, bereitet mir Bauschmerzen. Aber vielleicht gibt es bis dahin das bedingungslose Grundeinkommen. Schön wäre es!

  2. Aus eigener so praktiziertem Familienverständnis kann ich nur sagen: stimmt absolut!
    So eine Aufteilung sorgt wirklich für mehr Ausgewogenheit und das Kind gewinnt gleich doppelt: zwei starke
    Bezugspersonen. Zudem ist es doch am entspanntesten zu wissen, der Partner kann genau dasselbe machen wie ich und er/sie weiß wovon ich spreche…. ich genieße die Zeiten zu hause sehr mit allem drum und dran, freue mich aber dann auch sehr, wieder auf Arbeit zu gehen

    1. Danke Sara, schön zu sehen, dass es noch weitere Familien gibt, die es so machen wie wir! Man muss schon die Augen und Ohren offen halten, um Gleichgesinnte zu treffen! Ich glaube drüben bei ichbindeinvater.de habe ich gelesen, dass dieses Modell von unter 8% der Familien gefahren wird. Aber immerhin 8% 🙂

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