Wie mich die Nachricht meiner Ex aus der Bahn warf

Sommer 2013. Ich studiere ich im Norden von Deutschland und genieße mein Single-Leben. Mit meinen Kommilitonen treffe ich mich nach der Vorlesung am Strand. Es ist warm, es gibt Musik, Bier und natürlich wird gegrillt. An diesem Abend erreicht mich eine SMS. Meine Ex. Nanu? Seit wir uns getrennt haben sind schon mehr als drei Jahre vergangen. Sie ist damals nach Südfrankreich ausgewandert und hat sich dort ein neues Leben aufgebaut, ich bin noch weiter nach Norden gezogen, um zu studieren. Eigentlich sind wir im Guten auseinander gegangen. Was ist passiert?

„Coucou!“ Sie will wissen, wie es mir geht, was ich so mache und ob wir mal mailen wollen! Oje, das hört sich entweder nach etwas richtig Schönem oder nach verdammt viel Ärger an. Zurück in meiner Butze checke ich meine Mails und siehe da, eine Nachricht von ihr. Betreff: „Ich bin Schwanger“ Nein! Doch! Oh! Fuck! Was jetzt? Schock! Freude? Skepsis? Irritation! Angst! Hoffentlich kommt sie jetzt nicht mit irgendwelchen Forderungen! Kurz nachgerechnet, puh, Glück gehabt, kann ja auch gar nicht. Die Trennung liegt fast 3 Jahre zurück. Ich beruhige mich und lese erst mal, was sie schreibt. Oh, ein Bild hat sie auch angehängt. Tatsache, da ist sie, kugelrund.

Den Moment werde ich nicht vergessen. Lange betrachte ich die Zeilen, die sie mir schreibt und das Bild, auf dem sie den Bauch in die Kamera hält. Man sieht sogar den Bauchnabel hervorstehen, hihi, niedlich. „Das hätte auch mein Baby sein können“ murmel ich vor mich hin. Ja, krass, das hätte auch mein Baby sein können. Hätten wir uns damals nicht getrennt, dann wären wir sicherlich jetzt um diese Zeit schwanger. Krass. „Hätte, hätte, Fahrradkette!“ Mir wird schlecht, ich muss raus aus dem viel zu kleinen Zimmer und gehe eine richtig große Runde spazieren. Irgendwas bedrückt mich. Die Nachricht macht mich für ein paar Stunden sehr nachdenklich, ja fast schon depressiv.

Das Bild von ihrem kugelrunden Bauch geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Da ist auch keine Freude über die Nachricht sondern Verwirrung. „Was soll das? Wieso ist sie schwanger? Wieso darf sie denn schon Kinder bekommen?“ Ich bin verärgert. Fuck, hab ich etwa Torschlusspanik? Ne, kann nicht sein, haben doch nur Frauen! Immerhin bin ich ein Mann und Männern sagt man doch keine Torschlusspanik nach, oder? Karriere und Geld, all das ist mir nicht wichtig. Schließlich studiere ich Sozialpädagogik, da muss man gucken, wie man über die Runden kommt. Familie, Freunde, die sind mir wichtig. Ich kann zwar keine Kinder kriegen, aber so habe ich mir das nicht gedacht. Ich bin wütend.

Damals, im Sommer 2013, wurde ich 30. Ja, vielleicht hat die Nachricht Torschlusspanik in mir ausgelöst. Bestimmt sogar. Mittlerweile überwiegt allerdings die Freude. Es gab so viele Unterschiede zwischen ihr und mir, die letztendlich zur Trennung geführt haben. Bei einem Thema waren wir uns allerdings einig: Kinder bekommen und eine Familie gründen. Letztendlich habe ich ihr dann geantwortet und von meinem aktuellen Leben erzählt.

Seit dieser Zeit schreiben wir uns hin und wieder Mails, halten uns auf dem Laufenden. Sie hat mittlerweile ihr zweites Kind bekommen. Auch ich habe eine Familie gegründet und geheiratet. Vor ein paar Monaten haben wir uns dann mal getroffen, nach 6 Jahren wieder. In Südfrankreich lernten sich unsere Familien bei einem entspannten Picknick am Fluß kennen. Musik hat keine gespielt und Bier gab es auch nicht. Dafür schien sie Sonne, ihre Kinder rannten umher und spielten am Fluss. Meine Tochter lag auf der Picknickdecke und übte Krabbeln. Wir schauten den Kindern zu, der Fluß rauschte im Hintergrund, unsere Partner knieten neben uns. Grinsend schauten wir uns an. Wir haben unser Glück gefunden.

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