5 Fakten über meine Elternzeit

Drüben auf Instagram wollte toni.amadopulus wissen, was meine 5 Papa-Fakten sind. Die erste Antwort habe ich schon auf Instagram gepostet und damit Rüdiger von Mannpluskindgleichvater aktiviert. Anlässlich meines letzten Tages in Elternzeit kommt jetzt meine überarbeitete Fassung.

Eigentlich sollte der Beitrag gar nicht so lang werden. Aber du kennst das sicherlich, wenn mensch in einem Flow ist und einfach drauf los schreibt. Nun ja, sorry dafür. Hier noch mal der initiale Post von Toni.

Fakt 1: Gelassenheit

Wie du in den letzten Beiträgen vielleicht gemerkt hast, war ich in der Zeit, als meine Frau Elternzeit hatte, nicht viel zu Hause und konnte daher einige Entwicklungsschritte nicht wirklich live miterleben. Vielleicht ist es eine Ausrede, aber der Job hat mich emotional aufgefressen und war ständiger Begleiter, wenn ich eigentlich abschalten wollte. Vor genau einem Jahr war ich sogar beim Arzt wegen Herzproblemen und wollte irgendwie nicht wahrhaben, dass der Job nicht gut für mich ist, ja sogar nicht gut für die Familie ist. Wahrscheinlich bin ich nur wegen der kommenden sechsmonatigen Elternzeit ab September 2016 im Job geblieben. Ein kleines Wesen hat mich in dieser Zeit wieder eingefangen und resettet.

Danke kleiner Sonnenschein. Du hast mich sehr auf die Probe gestellt. Immer dann, wenn dein Bauch grummelte oder sich ein Zähnchen ankündigte. Du hast gerufen, geweint und brauchtest Nähe. In den ersten Wochen alleine mit mir, hast du sehr nach Mama gerufen. Wir beide haben dann gekuschelt und gespielt. Du hast mich sehr gefordert, warst mein Antrieb und Schwung, hast mich motiviert und getrieben. Nie hatte ich das Gefühl aus der Haut zu fahren oder zu verzweifeln. Ich habe mich besonders auf diese Situationen gefreut, wenn ich dich beruhigen durfte und dir ganz nah war. Denn diese Situationen sind der Klebstoff für eine enge Vater-Tochter-Bindung. Jetzt verstehe ich dich und weiß wer du bist. Trotzdem lerne ich dich jeden Tag aufs Neue kennen. Ich freue mich schon sehr auf die hoffentlich vielen weiteren Momente zusammen mit dir.

Fakt 2: Zeit schätzen gelernt

Mit dem Umzug von Kiel nach NRW im Juni 2014 hat mein Leben mit einem Mal richtig an Fahrt aufgenommen. Auf gepackten Kartons sitzend habe ich meine Frau kennengelernt, kurz danach begann mein neuer Job in einem Sportfachverband in Duisburg und kurze Zeit später folgten Schwangerschaft und Hochzeit. Heute haben wir März 2017 und es sind nicht einmal drei Jahre vergangen. Alle Entscheidungen haben wir beide aus tiefstem Herzen und bewusst entschieden. Seitdem haben sich die Prioritäten im Leben immer wieder geändert. So schnell, dass ich zeitweise gar nicht mehr hinterherkam. Zu den Gründen siehe u.a. Fakt 1.

Die Kleine hat uns ganz schön im Griff und Zeit ist ein so kostbares Gut geworden. Das habe ich zu schätzen gelernt. Nicht nur die Zeit mit meiner Tochter ist mir sehr sehr wichtig, sondern auch die Zeit mit meiner Frau. Wir haben im Grunde nur abends Zeit uns über den Tag auszutauschen und tiefgründige Gespräche zu führen. Und auch nur solange die Kleine schläft. Damit wir auch Zeit für uns haben, haben wir einen Heiner-Tag und einen Corinna-Tag eingeführt. Ein Nachmittag pro Woche steht uns zur freien Verfügung, damit wir unseren Bedürfnisse nachgehen können. Montags sitze ich dann in einem Café, genieße die Zeit für mich, lese oder telefoniere und texte mit Freunden. Ich sollte endlich wieder mit Sport anfangen.

Fakt 3: Weniger ist mehr

Wir leben reduziert, zahlen eine schmale Miete und haben dafür auch nur eine 46qm 60qm Wohnung im 4. Stock 3. Stock. Unser Familienbett besteht aus einer Matratze mit Lattenrost, die auf dem Boden liegt. Sehr praktisch, denn so kann die Kleine zwar rausfallen, sich aber dabei nicht verletzen. Das Bettgestell gibt es übrigens drüben bei eBay Kleinanzeigen. Gleiches gilt übrigens für Klamotten und Spielsachen. Wir durchsuchen Kleinanzeigen und bekommen von anderen Eltern passende Kleidung geschenkt oder geliehen. Wir verkaufen unser Auto, weil wir es nicht mehr brauchen. Wir sind Fahrradfahrer aus Leidenschaft.

Als Beschäftigte im sozialen und medizinischen Bereich können wir eh keine großen Sprünge machen. Wir machen das aber nicht des Geldes wegen, sondern weil das unsere innere Einstellung und tiefste Überzeugung ist. Trotzdem stehen wir finanziell gut da. Der nächste Schritt ist die Reduzierung von Müll. Wir gehen seit ein paar Wochen auf den Markt und kaufen ausschließlich regionale Produkte. Das ist erstaunlich preiswert und reduziert den Plastikmüll! Denn weniger ist mehr (werde ich bei den nächsten Texten beherzigen… vielleicht).

Fakt 4: Selbstbehauptung und Abgrenzung

Die Bedürfnisse unserer Tochter stehen im Fokus (siehe Fakt 2). Wir bezeichnen uns nicht als Helikoptereltern und denken auch nicht, dass es soweit kommen wird. Vielmehr reflektieren wir unser Tun und Handeln und hoffen, den Bedürfnissen gerecht zu werden. In der Entwicklungspsychologie spricht mensch von Feinfühligkeit. Das ist uns wichtig und dafür setzen wir uns ein. Doch egal wohin ich mit der Kleinen gehe, muss ich mich behaupten und abgrenzen. Das fängt an, wenn fremde Menschen ihre Finger in das Gesicht meiner Tochter stecken und hört bei Erziehungstipps auf.

Für meine Werte und Normen einzustehen und sich gegen die Zuschreibung von außen zu behaupten ist manchmal gar nicht so einfach. Ich bin unheimlich stolz darauf, in der kurzen Zeit gelernt zu haben, mich so gut abgrenzen zu können. „Nehmen Sie bitte ihre Finger aus dem Gesicht meiner Tochter“ und „Danke für deinen Rat und deine Tipps, wir machen es anders.“ Irgendwie ist dieser Text gleichzeitig auch ein Ausdruck von Selbstbehauptung und Abgrenzung stelle ich gerade fest.

Fakt 5: Rollenbilder und Stereotypen

Wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke, dann wurde ich in einem Rollentypischen Haushalt groß. Der Mann arbeitet und die Frau bleibt bei den Kindern zu Hause. Sicherlich wollten und haben meine Eltern einiges anders machen, doch die Rollen waren klar verteilt. Modern waren sie sicherlich in dem Punkt, dass meine Schwestern Schwester alles das können sollte, was Männer auch können sollten. Also aus Sicht der Stereotypen: Neben dem Reifenwechsel war das vor allem die Fliegerei. Danke Sabine, für diesen Gedankenanstoß! Immerhin sind wir eine Fliegerfamilie und auf dem Flugplatz groß geworden. Daneben war meinem Vater wichtig, dass wir IT-Kenntnisse erwerben. Schon früh haben wir einen eigenen PC bekommen.

Mir wurde nicht gezeigt, wie ich koche, wie ich Wäsche wasche oder wie dies und das im Haushalt geht. Es wurde einfach angenommen, dass ich als Mann andere Aufgaben habe. Sicherlich habe auch ich meinen Anteil daran, doch wenn Kinder früh in die häuslichen Aufgaben eingebunden werden, wäre es mir deutlich leichter gefallen. Windeln wechseln, Putzen, Staubsaugen, Wischen, die Spülmaschine ein- und ausräumen, Wäsche aufhängen und für Ordnung halten: heute alles kein Thema mehr. Sogar die Betreuung und Begleitung unserer Tochter fällt mir leicht. Ich bin mit dem Kopf dabei und muss nicht erst aufgefordert werden, etwas zu tun oder zu lassen. Das empfinde ich als echte Emanzipation. Musste ich aber auch erst lernen.

Nicht Buddha aber ein ständiger Begleiter

Zum Schluss noch ein Zitat, das mich schon seit einigen Jahren begleitet. Es wird fälschlicherweise Buddha zugesprochen, stammt aber aus der Feder von Jack Kornfield. Frei übersetzt heißt es in etwa:

Am Lebensende zählen nur drei Dinge: Wie sehr du geliebt hast, wie gutmütig du gelebt hast und wie anmutig du Dinge hast ziehen lassen, die nicht für dich gedacht sind.

Der alte Job hat seine Schuldigkeit getan, jetzt darf ich ihn ziehen lassen. Im April fange ich als Sozialarbeiter bei einem neuen Arbeitgeber an. Dieses Mal in Teilzeit und für viel weniger Gehalt. Wichtiger ist, dass die Betreuung unserer Tochter zu Hause gesichert ist. Meine Frau und ich düsen dann abwechselnd mit dem Rad zur Arbeit. Sie konnte ihre Kernarbeitszeit verschieben und ermöglicht mir dadurch den Wiedereinstieg. Dafür bin ich ihr sehr dankbar!

Du bist auch Papa, bist gerade in Elternzeit, hast sie noch vor dir oder schon hinter dir? Dann bin ich gespannt auf deine Vater-Fakten. Schreib sie gerne in die Kommentare!

Related Articles

Papa in Elternzeit und Mama im Job – Wie der Rollentausch uns geholfen hat, die Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse des Partners besser zu verstehen

Seit Juli ist meine Frau zurück im Job und ich bin als Hausmann bei den beiden Kindern. Wir haben die Rollen getauscht, denn zuvor war meine Frau anderthalb Jahre zu Hause und ich im Teilzeitjob. Dass wir in unseren neuen Rollen angekommen sind, merken wir vor allem an unserer Kommunikation. Mir sind Dinge viel wichtiger geworden, die zuvor meiner Frau wichtiger waren. Gleichzeitig haben wir ein tieferes Verständnis für den jeweils anderen.

Responses

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Wir nutzen Cookies

Wir verwenden Cookies, um dir das bestmögliche Erlebnis auf unserer Website zu bieten. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Weitere Informationen findest du in unserer Datenschutzerklärung.