Aussöhnung mit dem eigenen Vater

Sobald du Vater wirst, setzt du dich zwangsläufig mit deiner neuen Rolle auseinander. Das passiert bewusst oder unbewusst. Fest steht jedenfalls, dass äußere Faktoren auf dich einwirken und dich beeinflussen. Vaterschaft wird dann oft auf seine Vorbildfunktion reduziert. Sei ein guter Vater für deine Kinder, heißt es dann schnell. Dabei ist Vaterschaft und Vater Sein mehr als ein ‚gutes Vorbild‘ sein. Aktive Vaterschaft ist auch immer eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Vaterbild und dem Vater, der uns geprägt hat.

Vaterschaft ist mehr

Aber wann haben wir die Zeit und Gelegenheit, uns mit dem eigenen Vater auseinander zusetzen? Nicht immer ist der Vater greifbar, erreichbar oder hat die Lust und Zeit, sich mit uns über die Vergangenheit zu unterhalten. Manch ein Vater lebt nicht mehr und da fällt ein Gespräch sehr schwer, weil es keine Antworten auf die so dringlichen Fragen gibt. Wieder andere Väter leben zwar, aber der Kontakt ist abgebrochen, aus den unterschiedlichsten Gründen.

Vielleicht hast du bis zu der Geburt deiner Kinder das eigene Vaterbild verdrängt und dir geschworen, es anders machen zu wollen, als es dein Vater tat. Vielleicht hattest du aber auch einen tollen Vater, der aktiv Zeit mit dir verbracht hat und ein positives Vorbild für dich war. Prima, genau so ein Vorbild möchtest du jetzt für deine Kinder sein – natürlich mit eigenen Akzenten. Aber nicht allen Vätern erging es so und nicht alle hatten oder haben so ein tolles Vorbild. Ich behaupte kühn, dass die meisten jungen Väter kein echtes Vatervorbild hatten.

Die Gründe können vielfältig sein und nicht immer sind sie uns klar, verständlich und einsichtig. Denn wir wollen geliebt werden und hören, dass unsere Väter stolz auf uns sind. Das macht uns stark, das macht uns in unserer Vaterrolle sicher. Aber wie können wir das für unsere Kinder und unsere Familie sein, wenn wir selbst kein Vorbild hatten? Wie kann es gelingen, das eigene Vaterbild zu überwinden und das Positive zu sehen, selbst wenn es nur ganz wenig davon gibt?

Darüber haben wir im »Online Väter Kreis« gesprochen und eine tolle, intensive und gefühlsstarke Übung gemacht. Wir sind an unsere schmerzhaften Punkte gegangen und den Kontakt zu unserem Vater gesucht. Den ganzen Februar über wird es um das Thema „Aussöhnung mir dem eigenen Vater“ gehen. Wenn du beim zweiten Termin vom »Online Väter Kreis« dabei sein möchtest und mit anderen Vätern in den Austausch gehen magst, komm gerne dazu.

Schreib gerne in die Kommentare, ob du dich mit deinem Vater ausgesöhnt hast. Hattest du einen guten Kontakt zu deinem Vater und war er dir ein Vorbild? Ich freue mich auf den Austausch mit dir.

Themen 2022

MonatThema
JanuarMeine Vater Vision
FebruarAussöhnung mit dem eigenen Vater
MärzBeziehung & Partnerschaft
AprilSchwangerschaft
MailGeburt
JuniElternzeit & Elterngeld
JuliNeue Vereinbarkeitsmodelle
AugustRoutinen & Rituale
SeptemberKinder begleiten
OktoberMental Load
NovemberGesund Vater sein
DezemberMein Familienjahr

Reise in dein Vater Haus

Mit der folgenden Übung möchte ich dir einen Weg zeigen, wie du deine Aussöhnung mit deinem eigenen Vater unterstützen kannst. Sie kann sehr intensiv sein und du solltest dir jemanden suchen, der sich auffangen kann, falls du Schwierigkeiten bekommst und emotional sehr angefasst bist. An Ende findest du noch Telefonnummern und Adressen, falls du weitere Hilfe und Unterstützung brauchst.

Die Übung ist in 3 Teile aufgebaut und regt deine Vorstellungskraft an. Zunächst gestalten wir dein Vater Haus und schauen uns darin um. Wir begegnen deinem Vater und vielleicht magst du in ein Versöhnungsgespräch gehen. Anschließend erstellen wir dein ideales Vaterbild, das du zusammen mit deinen Kindern erstellen kannst.

Solltest du Fragen haben, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Im Community Forum findest du dazu auch eine Zusammenfassung vom letzten »Online Väter Kreis«.

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1. Mein Haus

Stell dir vor, du baust ein Haus. Du suchst einen schönen Platz in einer dir passenden Umgebung, vielleicht im Grünen, vielleicht in der Stadt und überlegst dir, wie es später einmal aussehen soll. Es kann hoch sein oder klein, es kann ein flaches Dach haben oder ein Satteldach. Es kann aus Stein gebaut oder aus Holz gebaut sein. Braucht es einen Keller und ein Car-Port? Vielleicht eine Garage?

Stell dir vor, dieses Haus bist du und deine Familie. Dein Leben hat dieses Haus gebaut und du wohnst schon darin. Vielleicht muss es an der ein oder anderen Stelle repariert werden, vielleicht am Dach, vielleicht an der Außenwand? Vielleicht hat sich das Haus in den letzten Jahren auch vergrößert, erweitert und ein Garten ist hinzugekommen? Stell dir vor, du betrittst dieses Haus. Schließe die Augen und schau dich um. Was siehst du? Was riechst du? Was hörst du? Wie fühlt es sich an, in deinem Haus zu sein?

Jetzt stell dir vor, du hast es dir gemütlich gemacht, denn schließlich ist es dein Haus. Du bist dein Haus. Es gibt viele schöne Erinnerungen, die dich begleiten. Es gibt ebenso viele Erinnerungen, die du weggelegt hast. Die vielleicht einen Platz haben, an den du nicht gerne gehst. Vielleicht gibt es einen Raum für diese schlechten Erinnerungen und vielleicht hast du schon ganz vergessen, wo sich dieser Raum befindet. Vielleicht wohnt auch jemand in diesem Raum? Eine Person, ein Monster oder deine Angst?

Wenn du an deinen Vater denkst, kommen dir vielleicht Bilder aus deiner Kindheit vor dein inneres Auge. Du siehst, wie er mit deinem kleinen Ich spielt, unterhält oder dich ermahnt. Vielleicht hast du die schönen Momente in dein Herz gelassen und die schlechten Momente eingesperrt. Vielleicht kommt dir dein Vater in diesen schlechten Momenten groß und hart vor. Vielleicht verletzt er dich mit seiner Macht und du erstarrst vor Schreck. Vielleicht schnürt er dir förmlich die Luft ab, dabei möchtest du nur in den Arm genommen werden.

Vielleicht ist dein Vater aber auch ein liebevoller Begleiter und hat einen Raum in deinem Haus, in dem er sich wohl fühlt. Vielleicht kommt er dich im Alltag besuchen, ihr setzt euch zusammen und plaudert gemütlich. Vielleicht hat dein Vater nur eine kleine Kiste im Keller, in der Momente liegen, die dir weh getan haben.

Stell dir vor, der Vater hat einen eigenen Raum. Wie sieht dieser Raum aus? Gibt es eine Tür und wenn ja, wie sieht sie aus? Gibt es Wände und wenn ja, wie sehen sie aus? Ist es ein großer oder kleiner Raum und wo befindet er sich? Hast du Zugang zu dem Raum oder ist er verschlossen? Wer entscheidet, den Raum zu betreten?

2. Inneres Versöhnungsgespräch

Nicht immer gelingt es uns, versöhnlich auf den eigenen Vater zu blicken. Wir fühlen uns emotional gefangen und in gewisser Weise abhängig von seiner Liebe. Wir rennen ihr nach und wissen doch insgeheim, dass wir sie nie bekommen werden. Vielleicht ist dein Vater auch gar nicht vorhanden und du hast keine Gelegenheit mehr, dich mit ihm zu versöhnen. Dann kann dieser Teil der Übung vielleicht für dich richtig sein.

Verabrede dich mit deinem Vater an einem neutralen Ort. Das kann ein imaginärer Ort sein, wie zum Beispiel auf einer Wiese, auf einer Parkbank, in einer Küche oder vielleicht traust du dich, sein Zimmer zu betreten? Vielleicht setzt du dich auch vor das Zimmer und sprichst zu ihm. Denn du hast die Entscheidungshoheit und Macht über ihn, denn er ist in seinem Zimmer und kann nicht raus. Du entscheidest, ob er dir zuhört und ob er den Mund hält. Du bist in deinem Haus der Hausherr und entscheidest, wer dir gut tut und wer nicht. Du kannst deinem Vater den Mud verbieten und ihm zum Zuhören verdonnern. Denn jetzt bist du dran und er hört dir zu.

Schreibe auf, was dich verletzt. Schreibe auf, was dich stört. Schreibe auf, was du dir von ihm als Kind gewünscht hättest. Was dir gefehlt hat und wonach du dich sehnst. Warum konnte er dir kein guter Vater sein? Du darfst Vermutungen anstellen und ihm Vorwürfe machen. Du darfst wütend sein und laut. Du darfst deinen Gefühlen freien Lauf lassen, denn das ist dein Haus. Das ist dein Moment und dein Vater muss dir zuhören.

Vielleicht schaffst du es, deinen Brief laut vorzulesen. Vielleicht brauchst du aber auch noch Zeit und schiebst ihn unter die Tür hindurch. Vielleicht brauchst du auch ein paar Anläufe und kommst noch einmal wieder. Vielleicht verabredest du dich mit ihm und vielleicht wird es ein längeres Gespräch.

Fühl dich frei deine Form der Aussprache zu finden. Du kannst ein Bild malen, zeichnen oder einen langen Text schreiben. Du kannst eine Sprachnachricht aufnehmen oder ein Video drehen. Du kannst Tagebuch schreiben mit all deinen Vorwürfen und Erlebnissen. Und vielleicht triffst du deinen Vater im realen Leben und kannst all das mit ihm besprechen. Denn du weißt jetzt, wo er wohnt. Du weißt, dass er gar nicht so groß und gemein ist. Vielleicht ist er einfach ein Mann, der nicht anders konnte.

Jetzt bist du erwachsen, bist selbst Vater und in Verantwortung. Jetzt darfst du glücklich sein und dich von deinen schweren Momenten, deiner emotionalen Abhängigkeit befreien. Denn du bist es wert, von anderen geliebt zu werden. Und du darfst dich selbst lieben.

3. Mein ideales Vaterbild

Nun hast du dich befreit. Du bist erschöpft und brauchst neue Kraft. Vielleicht hast du schon mit deinem Vater gesprochen. Vielleicht schiebst du das Gespräch vor dir her. Vielleicht möchtest du gar nicht in die Klärung gehen, denn vielleicht war dein Vater ein guter Vater und konnte dir das geben, was du gebraucht hättest.

Wenn du magst, dann male ein Bild von deinem perfekten Vaterbild. Male ein Bild von dem Vater, den du gerne gehabt hättest. Der für dich da war und der dich geliebt hat. Male ein Bild von dem Vater, der zuverlässig, freundlich und hilfsbereit ist. Der dir sagt: „Ich bin stolz auf dich“ und „Ich liebe dich“. Vielleicht nimmst du deine Kinder in den Arm und lädst sie ein, ein gemeinsames Bild zu malen. Vielleicht bastelt ihr auch einen perfekten Vater. Du könntest einen lebensgroßen Vater aus Papier basteln. Du könntest viele DIN A3 Blätter aneinander kleben und deine Umrisse aufzeichnen, ausschneiden und anmalen. Ein großes Herz, ein freundliches Gesicht? Deine Kinder wissen bestimmt, was ein guter Vater ausmacht.

Wenn du magst, häng das Bild in einen Raum, in dem du dich gerne und viel aufhältst. In ein Zimmer, in das du auch andere einlädst. Dieses Bild soll dich begleiten und dir ein Vaterbild zeigen, dass sich lohnt gelebt zu werden.

Immer wenn du darauf schaust, dann stehst du in Verbindung zu dir und deinem Vater. Du hast ein positives Vaterbild gemalt, das ein Vor-Bild für dich ist. Trage es im Herzen und schau immer mal wieder drauf. Ein guter Vater zu sein, kann harte Arbeit sein. In dem deine Kinder daran mitarbeiten stärkst du die Verbindung zu ihnen und wirst in ihrem späteren Haus einmal einen schönen Platz bekommen. Vielleicht ein eigenes Zimmer, mit offenen Türen oder einem Mehrgenerationenhaus mit gemeinsamen Mahlzeiten und Momenten des Zusammenkommen.

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute dabei.

Hilfsangebote

Manchmal braucht es professionelle Unterstützung durch einen Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin. Wenn du das Gefühl hast, damit alleine nicht zurecht zu kommen, findest du hier weitere Unterstützung:

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